21.10.2011
Bevor ich nach Sikaso kam, musste
ich natürlich noch einiges klären.
Zuerst musste ich mit meinem Mentor reden über
meine jetzige Situation und Gefühle reden. Das war ziemlich schwierig, denn ich
kann es ja kaum in Worte fassen, wieso es mir so geht und einen Grund kann ich
wie gesagt auch nicht ausmachen. Montag Morgen fuhr ich dann zu ihm. Als ich
bei ihm ankam, saß dort noch ein weiterer Freiwilliger, der mit ihm reden wollte,
glücklicherweise zog er das Gespräch vor, denn es war nicht in meinem Interesse,
dass gleich alle davon wissen, aber unter den Freiwilligen bleibt
wahrscheinlich nichts geheim und deswegen kann ich es auch hier schreiben.
Nachdem der andere Freiwillige gegangen war, wandte sich Henry mir zu und ich
legte ihm mein Problem dar. Von ihm kam das Angebot mich in Sikaso zu erholen,
welches ich dankend annahm, obwohl ich nicht weiß, ob das etwas an der
Situation ändert. Er hatte noch einen Termin und wollte mich nachmittags erneut
treffen und lud mich zum Essen ein. Während dieser Pause besuchte ich den
Vodafone-Shop, denn mein Internetstick funktionierte nicht mehr. Das war aber
schnell wieder behoben. Wie verabredet, war ich um 14Uhr wieder bei meinem
Mentor, doch er war noch nicht von seinem Termin zurück und so wartete ich noch
eine ganze Weile. Als er dann von seinem Termin zurückkam, fuhren wir essen.
Während des Essens sprach er mich auf meine Familie an und auf meinen
Beziehungsstatus in Deutschland. Wahrscheinlich wollte er den Grund für meine
Situation in Deutschland suchen, aber ich glaube auch dort liegt er nicht, denn
alle haben sich für mich gefreut und bewundern meinen Mut. Das Problem liegt an
mir, was mich sehr ärgert, denn es war doch immer mein Traum an diesem Programm
teilzunehmen.
Abends stand das Gespräch mit
meiner Gastmutter an, vor dem ich Angst hatte, denn ich wollte nicht, dass sie
die Schuld bei sich oder einer anderen Person sucht. Doch letztendlich kam es
so und sie fragte mich, ob es am Essen liegt oder an ihr oder der Arbeit. Auch
sie fragte nach meinem Beziehungsstatus und wollte das als Grund ausmachen.
Doch als sie merkte, dass auch das nicht der Grund sein kann, wollte sie für
mich beten. Sie nahm meine Hände und gemeinsam beteten wir dafür, dass es mir
bald besser geht. Bevor wir ins schlafen gingen, nahm sie mich in den Arm und
sagte, dass alles wieder gut würde. Ich war schon fast erschrocken von so einer
herzlichen Geste, denn das bin ich gar nicht gewohnt von ihr.
Am nächsten Morgen musste ich zum
Krankenhaus um die Oberschwester um Erlaubnis zu bitten für 1-2 Wochen abwesend
zu sein. Auch diese war sehr besorgt und wollte wissen wo ich mich aufhalten
werde und ob ich allein dorthin fahren muss. Sie gab mir die Erlaubnis. Als ich
dann endlich alles vor Ort geklärt hatte, ging ich ins OPD um Maud davon zu
erzählen. Sie sprach noch mit meiner Stationsschwester und bat mich die
Wassertonnen noch zu füllen. Eigentlich passte mir das gar nicht wirklich, weil
ich noch meine Wäsche vor der Reise waschen wollte. Zu Hause machte ich auch
erst meine Wäsche und füllte dann die Wassertonnen. Nachdem ich beim letzten
Mal Blasen an den Händen hatte vom Eimer schleppen, wollte ich es diesmal auf
die afrikanische Art versuchen und die Eimer auf dem Kopf zum Haus bringen.
Doch da war schon das erste Problem, wie bekomme ich einen 30l Eimer über
meinen Kopf? Ich erinnerte mich an Zeiten an denen ich auch Menschen über
meinen Kopf hielt und schaffte es doch. Als ich vor dem Haus ankam, stand dort
Caroline und amüsierte sich über mich. Ich wollte den Eimer von meinem Kopf
nehmen und kippte mir die Hälfte über. Caroline lachte und sagte: „ That´s the african way of life“ und ging. Die
folgenden Male ging es besser. Es schmerze, aber das machte mir nichts aus, denn
so war ich endlich mal von meinen Gedanken abgelenkt.
Nachmittags war ich mit Pauline
auf dem Markt, denn sie wollte sich Stoff kaufen. Ihr fiel die Entscheidung bei
der großen Auswahl sehr schwer, doch beim letzten Stand entschied sie sich für
einen. Wir gingen zum Schneider, zu dem, bei dem Pauline sich auch ihre erste
Hose machen ließ. Die Frauen freuten sich sehr uns zu sehen und wir erstmal eine
Weile quatschen. Vor einiger Zeit hatte ich Stoff geschenkt bekommen, den ich
jetzt auch dabei hatte. Ich suchte mir aus den Vorlagen ein T-Shirt aus und
nahm Paulines Hose als Vorlage. Die eine Frau nahm meine Maße und ich habe die
beiden Sachen in Auftrag gegeben.
Abends wollte ich meine Sachen für
Sikaso packen, doch wie immer wollte ich zu viel mitnehmen und es passte nicht
alles in meinen Rucksack. So entschied ich mich es am nächsten Morgen erneut zu
versuchen.
Morgens wurde ich durch meine
Gastmutter geweckt, die sich von mir verabschieden wollte. Ich war ganz
erschrocken, denn eigentlich hatte ich mir einen Wecker gestellt um das in Ruhe
zu machen. Zumindest stand sie jetzt vor mir und wünschte mir eine gute Reise
und eine schöne Zeit. Auch das war wieder ein Zug, den ich nicht von ihr
erwartet hatte. Sie ging zur Arbeit und ich stand auf, denn sie hatte auch
schon Frühstück für mich fertig. Dann packte ich meine Sachen und bekam den
Rucksack jetzt auch zu. Als ich auf dem Flur saß und mein Buch las, das so
traurig war, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu weinen, kam Caroline mit
einer Bitte zu mir. Ich sollte für sie Tee, Zucker und Toilettenpapier kaufen.
Aus irgendeinem Grund verstand ich die Menge falsch und kaufte zu viel.
Caroline war erschrocken und bat mich das umzutauschen, doch die Blöße wollte
ich mir nicht geben. Ich wollte ihr das schenken, doch das lehnte sie ab, weil
Maud sich ärgern würde und wahrscheinlich auch, weil sie zu stolz ist. Ich
verstand das und nahm den Tee mit in mein Zimmer. Doch mit so viel Zucker
konnte ich nichts anfangen und so musste ich ihn doch umtauschen gehen. Bevor
ich aufbrach nach Swedru um Henry abzuholen, gab ich Pauline den Auftrag
Caroline immer mal einen Teebeutel zukommen zu lassen.
Um 14Uhr, wie verabredet, war ich
bei Henry, denn wir fuhren gemeinsam nach Sikaso. Doch er war noch nicht fertig
und wollte sich noch etwas kochen lassen. Ich bekam auch eine riesen Portion
vorgesetzt, nach der ich fast geplatzt wäre. Dann kamen noch andere Freiwillige
vorbei, die etwas mit ihm zu besprechen hatten und wir warteten noch auf seine
Frau bevor es losging. Aufbruch war dann kurz nach 16Uhr. Bis wir in Sikaso
ankamen, dauerte es ungefähr 2,5 Stunden, die wir die meiste Zeit im Trotro
verbrachten. Als wir ankamen, war es schon dunkel. Ich rief meine Gastmutter an
um ihr zu sagen, dass ich gut angekommen bin. Ich glaube sie freute sich. Darauf
folgte ein Gespräch mit Henry, der mir erzählte, dass es nicht mein Fehler sei
und dass niemand die Schuld daran trage. Ich frage mich bloß, wessen Fehler ist
es dann, wenn nicht meiner? Ich begab mich auf die Dachterrasse und las noch in
dem Buch, welches Pauline mir mitgeben hat.
Als ich am nächsten Morgen
aufstand war Henry schon weg und nur James und John waren da. Ich nahm mein
Buch, meine Sonnencreme und mein Laptop und verzog mich aufs Dach. Obwohl ich
nichts zu tun hatte, verging der Tag sehr schnell. Ich schrieb etwas, las ein
wenig und saß für wenige Minuten in der Sonne. Heute ist der zweite Tag den ich
hier verbringe, doch selbst der wunderschöne Ausblick aufs Meer kann mich nicht
aufheitern. Ich frage mich: „ Wie kann etwas, dass man sich so lange wünscht,
so ein schreckliches Gefühl in einem hervorrufen, wenn es in Erfüllung geht?“
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